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Verordnung zur Verwaltung des Schriftguts der Evangelischen Kirche von Westfalen
(Schriftgutverordnung – SGVO)

Vom 19. Dezember 2024

(KABl. 2025 I Nr. 5 S. 9)

Auf Grund von § 19 Absatz 1 Verwaltungsorganisationsgesetz1# vom 19. November 2020 (KABl. 2020 I Nr. 95 S. 239) sowie § 13 Nr. 3 Archivgesetz der Evangelischen Kirche der Union2# vom 6. Mai 2000 (ABl. EKD 2000 S. 228) hat die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) die folgende Verordnung beschlossen:
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§ 1
Zweck und Geltungsbereich

Diese Verordnung stellt Grundsätze für eine einheitliche und zweckmäßige Verwaltung des kirchlichen Schriftguts für alle Körperschaften der EKvW auf. Sie regelt die Zuordnung des Schriftguts zu Sacheinheiten und schafft die Voraussetzungen für dessen Vollständigkeit und Auffindbarkeit. Der Stand einer Sache muss jederzeit aus den konventionell oder elektronisch geführten Unterlagen ersichtlich sein. Neben der papiernen wird auch die elektronische Aktenführung berücksichtigt.
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§ 2
Verantwortlichkeit, Fachaufsicht

( 1 ) Verantwortlich für die Beachtung der Vorgaben der Schriftgutverwaltung sind die rechtsvertretenden Leitungsorgane.
( 2 ) Die Fachaufsicht über die Schriftgutverwaltung der kirchlichen Körperschaften liegt beim Landeskirchenamt. Diese umfasst die Erstellung und Fortschreibung dieser Verordnung, des Einheitsaktenplanes und die Durchführung von Schulungen zum Einheitsaktenplan.
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§ 3
Schriftgut

( 1 ) Schriftgut im engeren Sinne gliedert sich in Akten, Vorgänge und Dokumente.
( 2 ) Im weiteren Sinne umfasst Schriftgut alle bei der Aufgabenerfüllung der Verwaltung erstellten oder empfangenen Dokumente, unabhängig von der Art des Informationsträgers und der Form der Aufzeichnung.
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§ 4
Dokumente, Vorgänge, Akten

( 1 ) Ein Dokument, papiergebunden oder elektronisch, ist die kleinste Einheit aller schriftlich vorliegenden Informationen. Zu ihm gehören auch alle ergänzenden Angaben (v. a. Metainformationen), die zum Verständnis der Informationen notwendig sind, wie Angaben zum Stand der Sachbearbeitung (Bearbeitungsvermerke) und zur inhaltlichen sowie formalen Einordnung (z. B. Absenderin/Absender, Empfängerin/Empfänger, Betreff, Datum, Aktenzeichen sowie Eingangsdatum, Zuschreibungen, Fristen). Auch nur rein elektronisch vorhandene Daten können die Funktion eines Dokumentes im Geschäftsgang übernehmen. Dokumente im Geschäftsgang werden unterschieden nach der Stellung im Geschäftsgang in Eingangsschreiben, Ausgangsschreiben (intern/extern) oder (Akten-)Vermerke.
( 2 ) Ein Vorgang ist die Summe aller Arbeits- bzw. Prozessschritte in der Sachbearbeitung eines Geschäftsvorfalles. Jeder einzelne Arbeitsschritt eines Vorganges (Geschäftsvorfalles) muss als solcher unmittelbar erkennbar sein durch anfallende Schreiben, Bearbeitungsvermerke und Verfügungen, die den Bearbeitungsprozess dokumentieren. Ein Geschäftsvorfall ist die kleinste Bearbeitungseinheit in der Aufgabenwahrnehmung und damit die kleinste, sachlich nicht mehr teilbare Untereinheit einer Akte.
( 3 ) Eine Akte – in Papierform oder in elektronischer Form – ist die Zusammenfassung aller Dokumente und Vorgänge, die zu einem sachlichen Betreff gehören. Sie hat ein eindeutiges Aktenzeichen und besteht aus einzelnen Vorgängen. Es sind zu unterscheiden:
  1. Hauptakten: Sie sind die nach Aktenplan angelegten Sachakten, die zu einem Sachbetreff geführt werden. In der Personalaktenführung heißt die Hauptakte Grundakte.
  2. Teilakten: Sie werden zu einem Teilaspekt der Hauptakte und zu deren Entlastung angelegt. Die Verbindung zur Hauptakte muss immer erkennbar sein.
  3. Nebenakten: Zweitakten im Bereich der Personalaktenführung, die gemäß Personalaktenrichtlinie der EKvW angelegt werden, wenn die personalaktenführende Stelle nicht zugleich Beschäftigungsbehörde ist oder wenn mehrere personalverwaltende Dienststellen für die Mitarbeitenden zuständig sind. Näheres regelt die Personalaktenrichtlinie der EKvW.
  4. Handakten: Sie enthalten Unterlagen für den persönlichen Gebrauch und sind keine Akten im Sinne dieser Verordnung. Originale dürfen nicht in die Handakten genommen werden. Als dienstliche Unterlagen sollten sie auch nach Ablauf der Nutzung dem Archiv angeboten werden.
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§ 5
Aktenplan und Aktenverzeichnis

( 1 ) Verbindliche Grundlage der Aktenbildung und der Aktenordnung in der EKvW ist der vom Landeskirchenamt (Kollegium) beschlossene „Einheitsaktenplan der EKvW“ in der jeweils geltenden Fassung. Er ist als Anlage Teil dieser Verordnung. Er bestimmt die systematische Ordnung des Schriftguts nach Sachbereichen und gibt zugleich die Sortierung der Akten an. Er gliedert sich in zehn Hauptgruppen (0−9). Grundsätzlich gilt, dass nur auf der untersten verwendeten Gliederungsstufe Akten angelegt werden.
( 2 ) Der Bedarf neuer Aktenzeichen für die Ebenen Aktengruppe und Aktenuntergruppe ist mit der Schriftgutverwaltung des Landeskirchenamtes abzustimmen.
( 3 ) Über die nach dem Aktenplan angelegten Akten ist in jeder kirchlichen Verwaltungsstelle ein Aktenverzeichnis führen.
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§ 6
Grundsätze der ordnungsgemäßen Aktenführung

Für das nachgewiesene und dokumentierte Handeln in der EKvW gelten die Grundsätze der ordnungsgemäßen Aktenführung. Diese umfassen das Gebot der
  1. Aktenmäßigkeit: Das Handeln ist durch Aktenführung zu dokumentieren und erfolgt in der Regel schriftlich. Die aus dem Handeln hervorgehenden Schriftstücke, Vorgänge und Akten sind einheitlich, sinnvoll geordnet und vollständig.
  2. Wahrheit, Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit: Alle wesentlichen Handlungen müssen korrekt, vollständig und nachvollziehbar abgebildet werden. Hierzu sind alle entscheidungsrelevanten Bearbeitungsschritte zu dokumentieren und alle aktenwürdigen Unterlagen im Sach- und Zeitzusammenhang abzulegen. Aktenwürdig ist Schriftgut, das erforderlich und geeignet ist, die getroffenen Entscheidungen sowie den Entscheidungsprozess jederzeit nachvollziehbar und überprüfbar zu machen. Der Stand und die Entwicklung der Vorgangsbearbeitung müssen jederzeit aus den geführten Akten nachvollziehbar sein.
  3. Integrität und Authentizität: Die Unversehrtheit der Akteninhalte muss jederzeit gewahrt sein. Zulässige Veränderungen müssen grundsätzlich so angebracht werden, dass sie erkennbar und nachvollziehbar sind.
  4. Vertraulichkeit: Es ist sicherzustellen, dass ausschließlich Personen Zugriff zu Akten, Vorgängen und Dokumenten erhalten, die deren Inhalt zur rechtmäßigen Aufgabenerfüllung benötigen. Die Anforderungen des Datenschutzes sind zu beachten.
  5. langfristigen Sicherung: Der Aktenbestand ist entsprechend der Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten langfristig zu sichern, die archivrechtlichen Aufbewahrungsfristen sind zu beachten. Alle Unterlagen, die zur Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich und deren Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind, sind dem zuständigen Archiv anzubieten.
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§ 7
Bearbeitung von Vorgängen

( 1 ) Das Schriftgut ist bei Eingang und Entstehen mit dem Aktenzeichen zu versehen und schon während der Bearbeitung unter Wahrung des sachlichen Zusammenhangs nach dem Datum abzulegen, sodass im Regelfall das älteste Schreiben obenauf liegt (sogenannte Behördenheftung). Schriftgut darf nur auf Grund einer Aktenverfügung (WV oder z. d. A.) zu den Akten genommen werden. Die Verfügung ist mit Datum und Handzeichen zu versehen. Bezieht sich ein Vorgang der Sache nach auf mehrere Akten, so ist er nach seinem hauptsächlichen Betreff zuzuordnen; für die übrigen Akten ist ein Querverweis zu fertigen. Bei elektronischer Ablage ist der Abschluss entsprechend im Dokumentstatus zu vermerken.
( 2 ) Im Papiersystem wird jede Bearbeitung abgeschlossen durch eine Aktenverfügung mit Angabe des jeweils nächsten Arbeitsschrittes. Dem entspricht im Dokumenten-Management-System (DMS) die Bearbeitungsdokumentation in der Software.
( 3 ) Die Aktenverfügung enthält die sachliche Erledigung eines Vorganges, z. B. den Entwurf eines ausgehenden Schreibens und alle Bearbeitungsanweisungen (Vermerke und Verfügungen); diese werden durchnummeriert und mit Handzeichen und Datum versehen. Die Aktenverfügung verbleibt bei den Akten.
( 4 ) Vermerke informieren über bereits Geschehenes, z. B. „erl.“ (= erledigt) oder enthalten den Posteingangsstempel. Vermerke werden durch Datum und Handzeichen abgeschlossen, in einem DMS entsprechend über den Dokumentstatus.
( 5 ) Verfügungen steuern das noch zu Geschehende und sind eindeutige Arbeitsanweisungen entweder im Klartext oder als Kürzel. Die gängigsten Kürzel sind:
  1. z. K. = zur Kenntnis
  2. E = Verfügung (V), Schreiben (S), Bericht (B) im Entwurf vorlegen
  3. b. R. = bitte persönliche Rücksprache (auch telefonisch)
  4. Eilt = bevorzugte Bearbeitung notwendig
  5. WV = Wiedervorlage (mit Datum!)
  6. z. d. A. = zu den Akten
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§ 8
Elektronische Aktenführung und Dokumenten-Management-System (DMS)

( 1 ) Bis zur vollständigen Anlage der elektronischen Akte ist alles aktenwürdige Schriftgut in Papierform zu den Akten zu geben. Hierzu zählen auch inhaltlich relevante E-Mails. Bei den dazu erforderlichen Ausdrucken von digitalen Schriftstücken ist der ressourcenschonende Umgang zu beachten.
( 2 ) Die vollständige elektronische Akte ist eine nachvollziehbare, strukturierte Ablage in einem DMS nach den organisatorischen Regelungen, die eine revisionssichere Vorgangsbearbeitung und Archivierung elektronischen Schriftguts erlauben. Die elektronische Akte unterstützt und protokolliert den gesamten Geschäftsgang vom Eingang bis zur Archivierung in allen Schritten der Vorgangsbearbeitung. Sie löst die papiergestützte Vorgangsbearbeitung ab; einzelne Schritte und Prozesse, für die die Papierform sinnvoller und effizienter ist, können eingebunden werden. Bei der Einführung der elektronischen Akte in einer Dienststelle bleiben die Grundsätze der ordnungsgemäßen Aktenführung unberührt.
( 3 ) Eine ordnungsgemäße und damit rechtskonforme elektronische Akte kann nur geführt werden, wenn zumindest die gesamte Vorgangsbearbeitung in einem DMS abgewickelt wird, welches technisch-organisatorisch die Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer Aktenführung gewährleistet. Für die dazu erforderlichen technisch-organisatorischen Maßnahmen ist die DIN ISO 15489 heranzuziehen. Elektronisch vorliegendes Schriftgut, das nicht in einem solchen DMS bearbeitet wurde, ist grundsätzlich als nicht rechtssicher anzusehen und nicht für eine vertrauenswürdige digitale Langzeitarchivierung geeignet; es kann aber zur Arbeitserleichterung und -rationalisierung aufbewahrt und weiter genutzt werden, sofern gewährleistet ist, dass dadurch die Papierakte nicht lückenhaft wird. Die Beweiskraft von Unterlagen aus Fachverfahren ist jeweils separat zu erheben.
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§ 9
Akteneinsicht

( 1 ) Mitarbeitende dürfen Akten außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches einsehen, soweit dies für die Ausübung der Dienstgeschäfte notwendig ist. In Zweifelsfällen ist die Entscheidung der Führungskraft bzw. der oder des Dienstvorgesetzten einzuholen. Die Einsichtnahme in Personalakten regelt die Personalaktenrichtlinie der EKvW.
( 2 ) Einsicht durch Dritte erfolgt nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Landeskirchenamtes. Ein Einsichtsrecht in nicht archivierte Akten für Dritte besteht nicht. Archivrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.
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§ 10
Lebenszyklus von Akten

( 1 ) Akten durchlaufen von ihrer Entstehung bis zur Archivierung verschiedene Stadien:
  1. Registratur: Die für den Dienstbetrieb laufend benötigten Akten werden in Registraturen aufbewahrt und sind in einem Aktenverzeichnis zu führen. In der elektronischen Aktenführung eines DMS handelt es sich um den aktiven Datenbestand.
  2. Altregistratur: Geschlossene Akten, die nicht mehr oder nur noch selten benötigt werden, sind bis zum Ablauf ihrer Aufbewahrungsfristen in einer Altregistratur zu verwahren und in einem Verzeichnis aufzulisten. In der elektronischen Aktenführung eines DMS verbleiben geschlossene elektronische Akten bis zum Ablauf ihrer Aufbewahrungsfristen im passiven Datenbestand.
( 2 ) Nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen gemäß Aufbewahrungs- und Kassationsplan der EKvW haben die kirchlichen Verwaltungen die Altregistraturakten in Papierform bzw. die elektronischen Akten aus dem passiven Datenbestand des DMS, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, mit einer entsprechenden Aussonderungsliste dem zuständigen Archiv anzubieten. Näheres regelt das Archivgesetz der Evangelischen Kirche der Union.
( 3 ) Zur Kassation (Vernichtung/Löschung) nicht archivwürdigen Schriftguts sind die Aufbewahrungs- und Kassationsordnung3# und der Aufbewahrungs- und Kassationsplan4# der EKvW in der jeweils geltenden Fassung zu beachten.
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§ 11
Inkrafttreten und Revision

( 1 ) Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2025 in Kraft. Sie ist im Kirchlichen Amtsblatt zu veröffentlichen.
( 2 ) Die Revision dieser Verordnung erfolgt nach Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten.

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1 ↑ Nr. 80.
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2 ↑ Nr. 872.
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3 ↑ Nr. 878.
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4 ↑ Nr. 879.