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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:19.03.1999
Aktenzeichen:VK 4/98
Rechtsgrundlage:ThPrO § 8 Abs. 4
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Prüfung, Bewertung von Prüfungsleistungen
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Leitsatz:

Zur Bewertung von Prüfungsleistungen

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand:

Die Klägerin, die mit ihrer Klage die Aufhebung einer Prüfungsentscheidung und die Wiederholung der Prüfung begehrt, ist an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum eingeschrieben. Sie meldete sich zum Herbsttermin 1997 zur vorgezogenen Prüfung im Fach Philosophie. Zu dem Prüfungsfach gab sie als Spezialgebiet an: Franz Rosenzweig a) Sprachdenken, b) Büchlein vom gesunden und kranken Menschenverstand. An Literatur, mit der sie sich befasst hatte, führte sie auf dem Meldebogen das vorgenannte „Büchlein“ sowie an Sekundärliteratur u.a. einen Aufsatz über Franz Rosenzweig, „Das neue Denken“ auf.
Bei den der Klägerin ausgehändigten Meldeunterlagen befand sich auch ein Merkblatt mit folgendem Wortlaut:
„Das Theologische Prüfungsamt hat entschieden, dass auf dem Vordruck zur Angabe des Spezialgebietes Literaturangaben vermerkt werden können. Diese Literaturangaben haben den Sinn, dass der Prüfer / die Prüferin daraus ersehen kann, in welcher Weise Sie sich bis zum Zeitpunkt der Abgabe des Vordrucks auf das Spezialgebiet vorbereitet haben. Diese Literaturangaben sind jedoch für den Verlauf der Prüfung unverbindlich. Es kann daraus keinerlei Rechtsanspruch abgeleitet werden. Wir werden Sie auch nicht auf eventuelle Defizite in den Literaturangaben hinweisen. Bitte berücksichtigen Sie bei der Wahl des Spezialgebietes und der Wahl der angegebenen Literatur vor allem, dass ein Spezialgebiet aus einer längeren Beschäftigung mit dem Thema hervorgegangen sein muss.“
Die Leistung der Klägerin im Prüfungsfach Philosophie wurde mit „ausreichend“ bewertet. Unmittelbar nach der Prüfung, die am 1. Oktober 1997 stattfand, beschwerte sich die Klägerin mündlich und schriftlich über die Bewertung ihrer Leistung und ergänzte ihre Beschwerde mit Schreiben vom 8. Oktober 1997. Der Beschwerdeausschuss des Theologischen Prüfungsamts der Evangelischen Kirche von Westfalen wies die Beschwerde mit Bescheid vom 12. Januar 1998 – Az.: C 3 – 77/B. – als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 10. Februar 1998 Klage erhoben. Beigefügt waren ein von ihr nach der Prüfung angefertigtes Gedächtnisprotokoll über den Ablauf des Prüfungsgesprächs und ein Schreiben von Frau Dr. M. vom 8. Februar 1998, die die Klage unterstützen möchte. Bei ihr hatte die Klägerin in dem der Prüfung vorangegangenen Sommersemester 1997 eine Übung zum Thema „Das neue Denken – Einführung in Franz Rosenzweigs Sprachdenken“ besucht.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Prüfung unter einem schlechten Vorzeichen gestanden habe, weil dem Prüfer ihrer Ansicht nach das gewählte Thema nicht sonderlich gefallen habe. Sie habe stets korrekte Antworten gegeben. Letztendlich führt die Klägerin die Note „ausreichend“ darauf zurück, dass sie das Hauptwerk Rosenzweigs, nämlich „Der Stern der Erlösung“ nicht gelesen habe. Sie hätte aber den Aufbau dieses Werks darlegen können, wenn ihr Gelegenheit dazu gegeben worden wäre.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beschwerdebescheid des Theologischen Prüfungsamtes vom 12. Januar 1998 – Az.: C 3 – 77/B. – aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr – der Klägerin – eine Wiederholung der Prüfung im Fach Philosophie zu ermöglichen.
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet eine Voreingenommenheit des Prüfers und gibt zu bedenken, dass das von der Klägerin vorgelegte Protokoll nach der Prüfung und aus dem Gedächtnis erstellt worden sei. Auch die Unterstützung der Klägerin seitens Frau Dr. F. fuße im Wesentlichen auf diesem Protokoll. Schließlich sei die Tatsache, dass die Klägerin den „Stern der Erlösung“ nicht gelesen habe, für die Beurteilung ihrer Leistung nicht maßgeblich gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der von den Beteiligten überreichten Unterlagen verwiesen.
Die Klägerin und die Beklagte haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
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Entscheidungsgründe:

Die fristgerecht erhobene und nach § 19 des Kirchengesetzes über die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit (VwGG) vom 16. Juni 1996 (KABl. 1996, S. 309 i.V.m. § 8a Abs. 1 ThPrO zulässige Klage ist nicht begründet.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
Beschluss vom 17. April 1991 – 1 BvR 419.81, 213.83 – in: NJW 1991, 2005
sind berufsbezogene Prüfungsentscheidungen der vorliegenden Art mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) grundsätzlich vollständig zu überprüfen. Allerdings verbleibt der Prüfungsbehörde bei „prüfungsspezifischen“ Wertungen ein Entscheidungsspielraum, dessen gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob Verfahrensfehler oder Verstöße gegen anzuwendendes Recht vorliegen, ob die Prüfungsbehörde von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen hat, sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder sonst willkürlich gehandelt hat. Angesichts dieses Entscheidungsspielraums der Prüfungsbehörde ist das Gericht, abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden bloßen rechnerischen Korrekturen, nicht befugt, Prüfungsleistungen selbst zu bewerten und als Folge dieser eigenen Bewertung die Prüfungsbehörde zu verpflichten, die Prüfungsentscheidung aufzuheben.
Vgl. Urteil des OVG Münster vom 30. März 1998 – 22 A 4551/95 – in:
NWVBl. 1998, 403.
Diese für staatliche und kirchliche Gerichte in gleicher Weise geltenden Grundsätze bedeuten für den vorliegenden Fall, dass es der Verwaltungskammer verwehrt ist, die vom Prüfer vorgenommene Beurteilung der mündlichen Prüfungsleistung zu sezieren und ggf. zu korrigieren. Sie kann dagegen anhand der von der Protokollführerin Frau Oberkirchenrätin D. gefertigten und von dem Prüfer Herrn Professor Dr. B. gegengezeichneten Prüfungsniederschrift sowie anhand der von beiden vorgenannten Personen erbetenen dienstlichen Äußerungen überprüfen, ob Anzeichen für ein Vorliegen der in § 8 Abs. 4 ThPrO genannten Gründe gegeben sind. Derartige Gründe sind aber nicht ersichtlich.
Dieses Ergebnis kann auch durch das von der Klägerin angefertigte Protokoll nicht erschüttert werden. Es ist nicht während, sondern nach der Prüfung aus dem Gedächtnis erstellt worden und enthält als Fazit „persönliche Eindrücke“ einer vom Ausgang der Prüfung enttäuschten Studentin. Diese Eindrücke lassen aber keinen Schluss auf das Vorliegen der in § 8 Abs. 4 ThPrO aufgeführten Gründe zu.
Gleiches gilt für die Annahme der Klägerin, das Defizit an gelesener Literatur sei für die Note „ausreichend“ ursächlich gewesen. Auf die gezielte diesbezügliche Frage des Vorsitzenden der Verwaltungskammer hat die Beklagte auf das den Meldeunterlagen beigefügte Merkblatt hingewiesen, wonach Literaturangaben für den Verlauf der Prüfung unverbindlich sind, und unter Bezugnahme auf die Stellungnahme von Herrn Professor Dr. B. ausdrücklich erklärt, dass allein der Verlauf des Prüfungsgesprächs ausschlaggebend gewesen sei.
Die Verwaltungskammer hat, ohne dazu durch Verfahrensvorschriften gehalten zu sein, das Schreiben von Frau Dr. F. in ihre Entscheidungsfindung einbezogen. Frau Dr. F. hat (als Zuhörerin) an der Prüfung nicht teilgenommen, kann also aus eigener Kenntnis keine Angaben zum Prüfungsablauf machen. Sie bezieht ihr Wissen aus dem bereits erwähnten Gedächtnisprotokoll der Klägerin, so dass insoweit keine neuen Erkenntnisse vermittelt werden.
Ihre Angaben zur Qualifikation der Klägerin und zum Stand unterschiedlicher wissenschaftlicher Ansichten können das Prüfungsergebnis nicht in Frage stellen, so dass das Schreiben von Frau Dr. F. die Entscheidung der Verwaltungskammer nicht beeinflussen konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 1 VwGG.