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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:25.01.1999
Aktenzeichen:VK 3/98
Rechtsgrundlage:ThPrO §§ 4, 8
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Prüfung, Unterrichtsentwurf, Bewertung von Prüfungsleistungen
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Leitsatz:

  1. Werden im gerichtlichen Verfahren keine Gründe für die unrichtige Bewertung eines Unterrichtsentwurfs vorgetragen, besteht keine Veranlassung, einen Gutachter einzuschalten.
  2. Befasst sich im Verwaltungsvorverfahren der Beschwerdeausschuss mit der Beschwerde eines Prüflings, ist es dem Ausschuss nicht verwehrt, sich zum Inhalt der Prüfungsleistung zu äußern.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand:

Der Kläger, der im Herbsttermin 1997 die Erste Theologische Prüfung nicht bestanden hat, begehrt mit seiner Klage die Aufhebung der Prüfungsentscheidung. Die Prüfungskommission hatte als Ergebnis des vom Kläger erstellten Unterrichtsentwurfs die Note „mangelhaft“ festgestellt. Zuvor hatte der Erstgutachter in seinem begründetem Votum den Unterrichtsentwurf mit „mangelhaft“ bewertet. Dieser Auffassung schloss sich der Zweitgutachter mit einem eigenen Votum an. Die gegen das festgestellte Prüfungsergebnis eingelegte Beschwerde des Klägers wies der Beschwerdeausschuss des Theologischen Prüfungsamtes der Evangelischen Kirche von Westfalen mit Bescheid vom 13.01.1998 – Az.: 43462 IV/97/C 3-77 – als unbegründet zurück.
Der Kläger bezieht sich zur Begründung der Klage auf seine Ausführungen im kirchlichen Verwaltungsverfahren. Er ist der Auffassung, dass das Erstgutachten unrichtig sei. Darüber hinaus hebt er die Fragwürdigkeit des Zweitgutachtens hervor. „Mit der schlichten Koppelung des Zweitgutachtens an das Erstgutachten“ sei dem § 4 Abs. 3 der Ordnung für die Erste und Zweite Theologische Prüfung (Theol. Prüfungsordnung – ThPrO) vom 17. September 1980 (KABl. 1980 S. 169) nicht Rechnung getragen. Aus dieser Vorschrift lasse sich auch nicht die Ansicht des Beschwerdeausschusses ableiten, dass von der „endgültigen Bewertung“ durch den Erstgutachter auszugehen sei. Wenn § 4 Abs. 5 ThPrO die Bewertungen der Fachprüfer als „Vorschlag und Bericht“ bewerte, könne bei dem bemängelten Zweitgutachten von einem Bericht kaum die Rede sein.
Außerdem beanstandet der Kläger, dass die Zurückweisung seiner Beschwerde mit einer neuerlichen inhaltlichen Bewertung seines Unterrichtsentwurfs begründet worden sei.
Der Kläger beantragte sinngemäß,
die Entscheidung des Theologischen Prüfungsamtes in der Gestalt des Beschwerdebescheids vom 13.01.1998 – 43462 IV/97/C 3-77 – aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt im Einzelnen vor, der Erstgutachter habe keine falschen Tatsachen zugrunde gelegt, habe auch allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und sich nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Der Kläger selbst trage nicht vor, dass fachwissenschaftliche Richtigkeitsentscheidungen durch die Prüfer fehlerhaft beurteilt worden seien.
Im Hinblick auf die Zweitbegutachtung weist die Beklagte daraufhin, dass sich der Zweitgutachter durchaus der Beurteilung durch den Erstgutachter anschließen könne, wenn er dessen Auffassung teile.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der von den Beteiligten überreichten Unterlagen verwiesen.
Der Kläger und die Beklagte haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
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Entscheidungsgründe:

Die nach § 19 des Kirchgesetzes über die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit (VwGG) vom 16. Juni 1996 (KABl. 1996 S. 309) i. V. m. § 8a Abs. 1 ThPrO zulässige Klage ist nicht begründet.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – Beschluss vom 17. April 1991 – 1 BvR 419.81,213.83 – in: NJW 1991, 2005 sind berufsbezogene Prüfungsentscheidungen der vorliegenden Art mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) grundsätzlich vollständig zu überprüfen. Allerdings verbleibt der Prüfungsbehörde bei „prüfungsspezifischen“ Wertungen ein Entscheidungsspielraum, dessen gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob Verfahrensfehler oder Verstöße gegen anzuwendendes Recht vorliegen, ob die Prüfungsbehörde von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen hat, sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder sonst willkürlich gehandelt hat. Angesichts dieses Entscheidungsspielraums der Prüfungsbehörde ist das Gericht abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden bloßen rechnerischen Korrekturen nicht befugt, Prüfungsleistungen selbst zu bewerten und als Folge dieser eigenen Bewertung die Prüfungsbehörde zu verpflichten, die Prüfung für bestanden zu erklären.
Vgl. Urteil des OVG Münster vom 30. März 1998 – 22 A 4551/95 – in:
NWVBl. 1998, 403.
Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass es der Verwaltungskammer verwehrt ist, die Benotung des Unterrichtsentwurfs durch die Gutachter zu überprüfen und ihn selbst zu bewerten. Gründe, die in § 8 Abs. 4 ThPrO aufgeführt sind und zu einer unrichtigen Beurteilung des Unterrichtsentwurfs hätten führen können, sind nicht ersichtlich.
Unzutreffend ist die Auffassung des Klägers über die nach seiner Meinung schlichte Koppelung des Zweitgutachtens an das Erstgutachten. Auch der Gutachter, der die Beurteilung eines anderen Gutachters nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sich von dem Gewicht der Argumente beeinflussen lässt, wird dadurch nicht an einer selbstständigen, eigenverantwortlichen Beurteilung gehindert. Im Falle übereinstimmender Beurteilungen einer Prüfungsleistung verbietet der Rechtsstaatsgrundsatz nicht, dass bei schriftlichen Prüfungsarbeiten sich der Zweitgutachter der Bewertung des Erstgutachters mit einem kurzen Vermerk („einverstanden“) anschließt.
So Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juni 1983 – 7 B 48/82 – in:
Buchholz 410.0 Prüfungswesen Nr. 175 (OT 1).
Im Fall des Klägers hat der Zweitgutachter zusätzlich ein eigenes Gutachten abgegeben. Damit ist dem Sinn und Inhalt des § 4 Abs. 3 ThPrO voll Rechnung getragen.
Der Vortrag des Klägers, der Beschwerdebescheid trage den Charakter einer inhaltlichen Begutachtung des Unterrichtsentwurfs, geht ins Leere. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine neue Begutachtung vorliegt. Denn nach § 4 Abs. 5 ThPrO wird das Ergebnis einer schriftlichen Prüfungsarbeit durch die Prüfungskommission festgestellt. Die Aufgaben des Beschwerdeausschusses sind in § 8 Abs. 4 ThPrO festgelegt. Im vorliegenden Fall hält er als Ergebnis seiner Prüfung fest, dass sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass bei der Bewertung des Unterrichtsentwurfs rechtsfehlerhaft verfahren oder entschieden worden sei. Wenn sich der Beschwerdeausschuss darüber hinaus zum Inhalt des Unterrichtsentwurfs äußert, so ist ihm dies unbenommen. Diese Äußerungen waren jedenfalls nicht der Grund für die Zurückweisung der Beschwerde des Klägers.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 1 VwGG.