.
Kirchengericht:Verwaltungsgerichtshof der UEK
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:14.07.2006
Aktenzeichen:VGH 3/06
Rechtsgrundlage:§ 158 BGB
Vorinstanzen:Verwaltungskammer (VK 3/05)
Schlagworte:Pfarrdienstwohnung, Vereinbarung, Schriftform, Rechtsbedingung, Treuwidrigkeit
#
Die erstinstanzliche Entscheidung lässt sich online über den Link VK 3/05 aufrufen.
#

Leitsatz:

Eine Vereinbarung, zu der sich der Pfarrer verpflichtet hat, einen Teil der Kosten für die Renovierung und Umgestaltung der Pfarrdienstwohnung zu tragen und die vorbehaltlich der kirchenaufsichtlichen Genehmigung geschlossen wird, ist ohne Genehmigung wirksam, wenn sie keiner Genehmigung bedarf.

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 24. November 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der beklagten Kirchengemeinde, ihm die Kosten zu erstatten, die er für Bau- und Renovierungsmaßnahmen an seiner Pfarrdienstwohnung aufgewandt hat.
Der Kläger war Inhaber einer Pfarrstelle bei der beklagten Kirchengemeinde. Er sollte eine Pfarrdienstwohnung beziehen. Diese sollte zuvor saniert und renoviert werden. Dabei sollten zum Teil Umbauwünsche des Klägers berücksichtigt werden. Die Arbeiten wurden im Januar und Februar 1999 ausgeführt. Die Kosten beliefen sich auf insgesamt 112 402,09 DM. Der Kläger bezog die Pfarrdienstwohnung im Februar 1999.
In der Folgezeit stritten der Kläger und die Beklagte darüber, wer die Kosten der Bau- und Renovierungsmaßnahmen zu tragen habe. Das Presbyterium der Beklagten bot dem Kläger zur Beilegung des Streits eine schriftliche Vereinbarung an.
Nach dieser Vereinbarung sollten von den Kosten die Beklagte 51 769,49 DM und der Kläger 60 632,60 DM tragen. Sollte der Kläger die Dienstwohnung vor Ablauf des ersten Jahres aufgeben, sollte ihm die Beklagte 80 v.H. seiner Aufwendungen erstatten. Der Erstattungsanspruch sollte sich in der Folgezeit jährlich um 10 v.H. verringern. In der Vereinbarung heißt es abschließend, sie werde vorbehaltlich der kirchenaufsichtlichen Genehmigung geschlossen.
Der Kläger stimmte der Vereinbarung zu und unterschrieb sie am 16. November 1999. Das Presbyterium stimmte der Vereinbarung mit Beschluss vom selben Tag zu. Die Mitglieder des Presbyteriums unterschrieben diesen Beschluss, nicht jedoch die Vereinbarung selbst. Die Beklagte holte eine kirchenaufsichtliche Genehmigung nicht ein.
Der Kläger wechselte im Jahre 2002 die Pfarrstelle. Er zog Ende Oktober 2002 aus der Pfarrdienstwohnung aus. Gemäß der getroffenen Vereinbarung erstattete die Beklagte dem Kläger 60 v.H. der von ihm getragenen Kosten, nämlich 36 379,20 DM (= 18 600,39 €). Sie lehnte das Verlangen des Klägers ab, seine gesamten Aufwendungen von 60 632,60 DM zu erstatten, also weitere 24 253,40 DM (= 12 400,38 €) zu zahlen.
Der Kläger hat Klage erhoben und zu ihrer Begründung vorgetragen: Sämtliche Bau- und Renovierungsmaßnahmen hätten der seinerzeit geltenden Ordnung für den Neubau, den Umbau und die Ausstattung von Pfarrdienstwohnungen entsprochen. Sie seien in vollem Umfang notwendig gewesen. Deshalb habe die Beklagte die gesamten Kosten zu tragen. Die hiervon abweichende Vereinbarung sei unwirksam. Das Landeskirchenamt habe sie nicht genehmigt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12 400,38 € zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht: Die getroffene Vereinbarung stelle einen außergerichtlichen Vergleich dar. Dieser ist wirksam. Er habe keiner kirchenaufsichtlichen Genehmigung bedurft.
Die Verwaltungskammer hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe keinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte. Die von den Beteiligten geschlossene Vereinbarung sei wirksam. Auch wenn sämtliche Maßnahmen der seinerzeit geltenden Ordnung für den Neubau, den Umbau und die Ausstattung von Pfarrdienstwohnungen entsprochen hätten, schließe diese Ordnung nicht grundsätzlich aus, dass der Pfarrer vertraglich Kosten übernehme für Um- und Einbauten, für die Änderung der Ausstattung sowie für die Einrichtung und (anteilig) für Schönheitsreparaturen. Für die Vereinbarung sei kirchenrechtlich keine bestimmte Form vorgeschrieben. Dass die Beklagte die Vereinbarung nicht unterschrieben habe, führe deshalb nicht zu einem Formmangel. Selbst wenn die Vereinbarung schriftlich hätte abgeschlossen werden müssen, sei die Schriftform dadurch gewahrt, dass der Kläger die Vereinbarung und die Mitglieder des Presbyteriums den Beschluss unterschrieben hätten, mit dem das Presbyterium der Vereinbarung zugestimmt habe. Die Vereinbarung habe keiner kirchenaufsichtlichen Genehmigung bedurft. Der Vorbehalt einer solchen Genehmigung in der Vereinbarung habe sich von seiner Funktion her maßgeblich auf eine Genehmigung bezogen, die für den Umbau, die Renovierung und die Ausstattung der Dienstwohnung eventuell erforderlich gewesen oder für erforderlich gehalten worden sei. Der Vorbehalt habe daher nur die Beklagte schützen sollen, die der kirchenaufsichtlichen Genehmigung möglicherweise bedurft hätte. Schon deshalb könne der Kläger sich auf das Fehlen der Genehmigung nicht berufen. Entscheidend sei aber, dass der Kläger und die Beklagte die Vereinbarung bis zum Auszug des Klägers aus der Pfarrdienstwohnung als wirksam angesehen und behandelt hätten. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung bekräftigt, er sei von der Wirksamkeit der Vereinbarung ausgegangen und habe angenommen, er werde die übernommenen Aufwendungen abwohnen. Er verhalte sich treuwidrig, wenn er sich jetzt auf das Fehlen einer kirchenaufsichtlichen Genehmigung berufe.
Der Kläger hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Er ist der Ansicht: Die getroffene Vereinbarung sei unwirksam, weil die Beklagte sie nicht unterzeichnet und die Kirchenaufsicht sie zudem nicht genehmigt habe. Es sei unklar, wie die Verwaltungskammer zu ihrer Auffassung gelangt sei, der Vorbehalt einer kirchenaufsichtlichen Genehmigung in der Vereinbarung habe eine Schutzfunktion nur zu Gunsten der Beklagten. Er – der Kläger – habe diese Klausel so verstanden, dass sie seiner eigenen Absicherung diene. Der Vorbehalt habe eine echte Bedingung für die Wirksamkeit der Vereinbarung sein sollen. Die Verwaltungskammer hätte Beweis über die Frage erheben müssen, was die Beteiligten mit diesem Vorbehalt beabsichtigt hätten. Dass die Beteiligten die Vereinbarung als wirksam behandelt hätten, sei unerheblich. Er habe das Dienstverhältnis nicht überstrapazieren wollen. Auch nach der Vereinbarung sei immer wieder über die Arbeiten diskutiert und seien diese geprüft worden. Das Presbyterium sei keineswegs von der Wirksamkeit der Vereinbarung ausgegangen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hält die Revision des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Da die Revision auch keine rechtsgrundsätzlichen Fragen aufwirft, weist der Verwaltungsgerichtshof sie gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 VwGG durch Beschluss zurück. Die Beteiligten sind hierzu nach § 57 Abs. 2 Satz 2 VwGG gehört worden. Ihrer Zustimmung bedarf es nicht.
Die Verwaltungskammer hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm weitere 12 400,38 € der Kosten erstattet, mit denen der Kläger zu den Aufwendungen für den Umbau und die Renovierung der Pfarrdienstwohnung beigetragen hat. Die Beklagte darf diesen Beitrag des Klägers zu den angefallenen Kosten vielmehr behalten. Der Rechtsgrund hierfür liegt in der Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten. Diese Vereinbarung ist wirksam. Dass die Beklagte die Vereinbarung nicht unterzeichnet und die Kirchenaufsicht sie nicht genehmigt hat, steht ihrer Wirksamkeit nicht entgegen. Diese im Revisionsverfahren allein noch streitigen Annahmen der Verwaltungskammer verletzten weder materielles Recht, noch beruhen sie auf einem Verfahrensfehler (§ 52 Abs. 2 VwGG).
Die Verwaltungskammer hat dargelegt, dass die Vereinbarung nach Kirchenrecht keiner Schriftform bedurfte, mithin auch nicht unterschrieben werden musste, dass aber jedenfalls der Schriftform genüge getan sei, weil der Kläger die Vereinbarung und die Mitglieder des Presbyteriums den Beschluss unterschrieben hätten, mit dem das Presbyterium der Vereinbarung zugestimmt hat. Hiermit setzt der Kläger sich in seiner Revisionsbegründung nicht auseinander. Der Verwaltungsgerichtshof verweist deshalb auf die zutreffenden Erwägungen der Verwaltungskammer, denen er sich anschließt.
Die Vereinbarung bedurfte keiner Genehmigung des Landeskirchenamtes. Es gibt keine kirchenrechtliche Vorschrift, die vorsieht, dass ein Vertrag, wie er hier geschlossen worden ist, durch die Kirchenaufsicht genehmigt werden müsste. Davon geht auch der Kläger aus.
Dass die Vereinbarung gleichwohl "vorbehaltlich der kirchenaufsichtlichen Genehmigung" geschlossen wurde, ist vor diesem Hintergrund rechtlich bedeutungslos. Die Beteiligten haben mit dieser Klausel die Wirksamkeit der Vereinbarung nicht von einer aufschiebenden Bedingung i.S.d. § 158 Abs. 1 BGB abhängig gemacht, deren Eintritt hier mangels einer erteilten Genehmigung ausgeblieben wäre. Der Vorbehalt stellt vielmehr eine sogenannte Rechtsbedingung dar, die ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Vereinbarung ist. Eine Rechtsbedingung liegt immer dann vor, wenn die Beteiligten in ihrer Vereinbarung auf ein Wirksamkeitserfordernis (hier die Notwendigkeit einer Genehmigung) verweisen, das unabhängig von ihrem Willen bereits kraft Gesetzes besteht, möglicherweise aber auch nur in der (irrigen) Vorstellung der Beteiligten besteht. Sie machen damit nicht selbst die Vereinbarung von dem Eintritt dieser Bedingung (hier der Genehmigung) abhängig, sondern stellen nur klar, dass (jedenfalls nach ihrer Vorstellung) die Vereinbarung aufgrund der Rechtslage zunächst in der Schwebe bleibt. Besteht das angenommene Wirksamkeitserfordernis in Wirklichkeit nicht, geht der in die Vereinbarung aufgenommene Hinweis ins Leere und die Vereinbarung ist unmittelbar wirksam. Ein Erfordernis kirchenaufsichtlicher Genehmigung kann nicht vertraglich begründet werden, sondern sich nur aus kirchenrechtlichen Vorschriften ergeben. Das lag auch nach ihren eigenen Vorstellungen für den Kläger und die Beklagte auf der Hand. Von daher kann die erwähnte Klausel nur die Bedeutung eines Hinweises auf eine angenommene Rechtslage haben, die aber tatsächlich so nicht bestand.
Deshalb kommt es nicht auf die Gründe an, aus denen namentlich die Beklagte geglaubt haben mag, die Vereinbarung unterliege kirchenaufsichtlicher Genehmigung und sie müsse sich für diesen Fall durch den Vorbehalt absichern. Die hierauf bezogenen Erwägungen der Verwaltungskammer sind nicht entscheidungserheblich. Ermittlungen zu den Vorstellungen der Beteiligten bei Abschluss der Vereinbarung waren deshalb entbehrlich. Die insoweit erhobene Verfahrensrüge zeigt, davon abgesehen, auch nicht auf, welche sich aufdrängenden Möglichkeiten der weiteren Aufklärung des Sachverhalts die Verwaltungskammer unberücksichtigt gelassen hat.
Weil die Vereinbarung danach ohne Erteilung einer Genehmigung wirksam war, kommt es ebenfalls nicht mehr darauf an, ob der Kläger gehindert wäre, sich auf das Fehlen der Genehmigung und damit einhergehende Unwirksamkeit der Vereinbarung zu berufen. Der Verwaltungsgerichtshof merkt deshalb nur an, dass er auch in diesem Punkt die Ausführungen der Verwaltungskammer für richtig hält. Die Vereinbarung ist tatsächlich umgesetzt worden, und zwar auch vom Kläger, der trotz fehlender Genehmigung seinen Beitrag zu den Kosten geleistet und spiegelbildlich damit durch den Beitrag der Beklagten von Kosten entlastet worden ist. Er verhält sich deshalb widersprüchlich (treuwidrig), wenn er erst jetzt das von ihm zuvor nicht beanstandete Fehlen einer Genehmigung geltend macht. Dem setzt der Kläger zum Teil Erwägungen entgegen, die die Verwaltungskammer bereits zutreffend gewürdigt hat. Soweit der Kläger darüber hinaus Tatsachen vorträgt, die die Verwaltungskammer nicht festgestellt hat, könnten diese neuen Tatsachen im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden (§ 52 Abs. 3 VwGG), weil der Kläger insoweit keine Verfahrensrügen angebracht hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 3 VwGG.