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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:13.12.2023
Aktenzeichen:VK 4/23
Rechtsgrundlage:§ 14 Abs. 2 Satz 1 VwGG.EKD, § 18 Abs. 1 VwGG.EKD, § 19 VwGG.EKD, § 47 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 DSG-EKD, § 19 DSG-EKD
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, Auskunftsanspruch, Auskunftsrecht, Behandlungsdokumentation, Datenauskunft, Datenschutzerklärung, Datenverarbeitung, Kirchliche Verwaltungsgerichte, Mitglied einer Kirche, Prozesskostenhilfe, Rechtsweg, Untätigkeitsklage, Verarbeitung personenbezogener Daten, Vorverfahren, Widerspruchsverfahren, Zurückweisung als nicht vertretungsbefugter Prozessbevollmächtigter, personenbezogene Daten
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Leitsatz:

  1. Ein Bevollmächtigter ist gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. den §§ 14 Abs. 2 Satz 1, 65 VwGG.EKD als nicht vertretungsbefugter Prozessbevollmächtigter zurückzuweisen, wenn er nicht Mitglied einer Kirche ist, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland angehört.
  2. Ein Anspruch auf vollständige Datenauskunft gegen kirchliche Stellen nach dem EKD-Datenschutzgesetz kann erst dann vor der Verwaltungskammer zulässigerweise geltend gemacht werden, wenn das nach § 47 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 DSG-EKD i. V. m. § 18 Abs. 1 VwGG.EKD und § 6 AGVwGG.EKD vorprozessual erforderliche Vorverfahren erfolglos durchgeführt worden ist.
  3. Ohne Durchführung eines Vorverfahrens ist eine Klage nach § 19 VwGG.EKD nur zulässig, wenn über den geltend gemachten Rechtsanspruch ohne zureichenden Grund innerhalb von drei Monaten seit dem Antrag auf Entscheidung oder seit Einlegung des Rechtsbehelfs nicht entschieden worden und an die Entscheidung mit angemessener Nachfrist erinnert worden ist.
  4. Der Inhalt des Auskunftsrechts nach § 19 DSG-EKD ist so auszulegen, dass dessen Gewährleistung in Einklang mit Art. 15 DSGVO steht. Die für die Datenverarbeitung verantwortliche Stelle hat ein entsprechendes Begehren nach den zu § 15 DSGVO bereits im staatlichen Recht höchstrichterlich geklärten Vorgaben zu beantworten und insbesondere anzugeben, ob die gewährte Auskunft vollständig ist.

Tenor:

  1. Der Bevollmächtigte der Klägerin wird als nicht vertretungsbefugter Prozessbevollmächtigter zurückgewiesen.
  2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Klage wird abgelehnt.
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Gründe:

1. Der Bevollmächtigte der Klägerin war gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. den §§ 14 Abs. 2 Satz 1, 65 VwGG.EKD als nicht vertretungsbefugter Prozessbevollmächtigter zurückzuweisen, weil er nach seiner telefonischen Mitteilung vom 18.10.2023 nicht Mitglied einer Kirche ist, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland angehört.
2. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die von ihr beabsichtigte Rechtsverfolgung auf ergänzende Gewährung einer Datenauskunft gemäß Art. 15 Abs. 1 und 3 Datenschutz-Grundverordnung, hilfsweise gemäß § 19 DSG-EKD, über die der Klägerin bereits gewährte Einsicht in ihre Behandlungsdokumentation in der Klinik der Beklagten hinaus, sowie auf Verurteilung der Beklagten, sie von vorgerichtlichen Anwaltskosten freizustellen, derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 65 Abs. 1 VwGG.EKD i. V. m. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Die beabsichtigte Klage ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht hinreichend aussichtsreich, weil nach dem umfangreichen Vorbringen der Klägerin trotz eines entsprechenden Hinweises und der Gelegenheit zur Äußerung hierzu weiterhin nicht ersichtlich ist, dass das vorprozessual erforderliche erfolglose Vorverfahren geführt worden ist, vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 DSG-EKD i. V. m. § 18 Abs. 1 VwGG.EKD und § 6 AGVwGG.EKD. Gleichfalls ergibt sich nicht, dass die Klage nach § 19 VwGG.EKD ohne Vorverfahren zulässig sein könnte. Dies wäre nur der Fall, wenn über den geltend gemachten Rechtsanspruch ohne zureichenden Grund innerhalb von drei Monaten seit dem Antrag auf Entscheidung oder seit Einlegung des Rechtsbehelfs nicht entschieden worden und an die Entscheidung mit angemessener Nachfrist erinnert worden wäre. Einen Anspruch der Klägerin auf vollständige Datenauskunft nach dem EKD-Datenschutzgesetz, für den allein der Rechtsweg zu den kirchlichen Verwaltungsgerichten eröffnet ist, hat die Klägerin ausweislich der Akten erstmals unter dem 26.11.2022 gegenüber den in einem Arzthaftungsprozess Bevollmächtigten der Beklagten, nicht aber unmittelbar gegenüber der Beklagten selbst geltend gemacht. Dem Klageentwurf selbst lässt sich nicht entnehmen, dass eine vorprozessuale Ablehnungsentscheidung hierauf ergangen oder trotz Erinnerung und Nachfristsetzung nicht ergangen ist. Zwar hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 9.2.2023 an das OLG Hamm vorgetragen, die Beklagte habe angeboten, der Klägerin eine Datenauskunft nach dem DSG-EKD zu erteilen, diese bleibe aber trotz Aufforderung und Erinnerung aus. Aktenkundig oder sonst vorgelegt worden sind jedoch trotz entsprechenden Hinweises weder ein vom Arzthaftungsprozess unabhängiges Datenauskunftsangebot der Beklagten noch eine Erinnerung mit Nachfristsetzung. Auch zur Einlegung eines Widerspruchs gegen eine etwaige später ergangene Ablehnungsentscheidung verhält sich der Klageentwurf nicht. Anders als der Bevollmächtigte der Klägerin meint, ist sie nicht darauf verwiesen, sich bei einer Aufsichtsbehörde über die Nichterteilung der Datenauskunft zu beschweren. Vielmehr verlangt das Kirchenrecht die Durchführung eines Vorverfahrens, bevor zulässigerweise die Verwaltungskammer angerufen werden kann, damit diese nicht mit Rechtsstreitigkeiten belastet wird, die im Rahmen einer behördlichen Selbstkontrolle in einem Widerspruchsverfahren geklärt werden können. Das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf steht hierdurch nicht in Frage, zumal eine Erfüllung des Auskunftsanspruchs der Klägerin durch die Beklagte, die bereits eine entsprechende Bereitschaft erklärt haben soll, in einem ordnungsgemäß geführten Vorverfahren naheliegt. Nicht nur die Beklagte geht laut ihrer im Internet abrufbaren Datenschutzerklärung davon aus, sie verarbeite personenbezogene Daten „stets im Einklang mit der Datenschutz-Grundverordnung und in Übereinstimmung mit den für die Diakonie in Südwestfalen gGmbH geltenden Datenschutzbestimmungen der Evangelischen Kirche in Deutschland“. Auch der Kirchengerichtshof der EKD hat mit Urteil vom 9.9.2022 – 0135/4-2020 – bereits sinngemäß entschieden, der Inhalt des Auskunftsrechts nach § 19 DSG-EKD sei so auszulegen, dass dessen Gewährleistung in Einklang mit Art. 15 DSG-VO stehe. Ausgehend davon hat die Klägerin zunächst außergerichtlich gegenüber der Beklagten den genauen Umfang der aktuell noch begehrten Auskunft mitzuteilen, also klarzustellen, ob weiterhin vollständige Auskunft begehrt wird oder entsprechend dem beabsichtigten Klageantrag nur ergänzende. Ein Rechtsverlust droht ihr hierdurch nicht, zumal sie grundsätzlich sogar – ggf. gegen ein angemessenes Entgelt – wiederholt Auskunft verlangen kann (vgl. Erwägungsgrund 63 Satz 1, Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DSGVO), und deshalb eine Verjährung, auf die sich der Bevollmächtigte der Beklagten in diesem Verfahren bisher berufen hat, offensichtlich ausgeschlossen ist. Sodann wird die Beklagte als für die Datenverarbeitung verantwortliche Stelle dieses Begehren nach den zu § 15 DSGVO bereits höchstrichterlich geklärten Vorgaben zu beantworten und insbesondere anzugeben haben, ob die gewährte Auskunft vollständig ist (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 15.6.2021 – VI ZR 576/19 –, Rn. 17 ff., 19 f.; EuGH, Urteile vom 26.10.2023 – C-307/22 – und vom 4.5.2023 – C-487/21 –). Bevor ein derartiges Vorverfahren sowie ein sich anschließendes Widerspruchsverfahren nicht erfolglos durchgeführt worden ist oder die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage nicht gegeben sind, kann die Verwaltungskammer nicht mit hinreichender Erfolgsaussicht angerufen werden.
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Rechtsmittelbelehrung

Der Beschluss zu 1. ist gemäß § 65 VwGG.EKD i. V. m. § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO unanfechtbar.
Gegen den Beschluss zu 2. steht der Klägerin gemäß den §§ 53 Abs. 1, 65 VwGG.EKD i. V. m. § 166 VwGO und § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland zu.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof besteht im Prozesskostenhilfeverfahren kein Vertretungserfordernis. Als Bevollmächtigte sind nur Personen mit Befähigung zum Richteramt oder vergleichbarer juristischer Qualifikation zugelassen (§ 53 Abs. 1 Satz 2, § 65 Abs. 1 VwGG.EKD i. V. m. § 48 Abs. 1 VwGG.EKD und § 67 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO). Gemäß § 14 Abs. 2 VwGG.EKD müssen Bevollmächtigte Mitglied einer Kirche sein, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland angehört.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe dieses Beschlusses schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle der Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen, Altstädter Kirchplatz 5, 33602 Bielefeld, einzulegen. Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Ausnahme von Kirchengemeinden und aus ihnen zusammengeschlossene Verbände geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) i. V. m. § 65 Abs. 3 VwGG.EKD und § 8 AGVwGG.EKD wird hingewiesen.
Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirchenamt der EKD, Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover, eingeht (§ 54 VwGG.EKD).