.##
      Erläuterungen zum Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt
Leitungsfeld 2 Kirchliches Leben (Fricke/Roth/Juhl)
Stand: 15.06.2022
###Allgemeines
Folgende Dokumente stehen zur Verfügung:
- Zweites Rundschreiben Nr. 21/2021 zum Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt - Schwerpunkt - Hinweise zum Umgang mit erweiterten Führungszeugnissen (Stand 24.06.2021)
Hinweis: Die Anlagen 4 und 5 zum Rundschreiben Nr. 21/2021 können Sie hier als Word-Dokumente herunterladen. Die Anlage 6 steht im Rundschreiben als editierbare PDF-Datei zur Verfügung. 
Hintergrund
Auszug aus der Vorlage Entwurf eines Kirchengesetzes der Evangelischen Kirche von Westfalen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt (Landessynode 2020):
Die Ev. Kirche von Westfalen (EKvW) nimmt ihre Verantwortung für den Schutz vor und den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung wahr und hat die Initiative zur  Schaffung  einer  gesetzlichen  Grundlage  ergriffen,  über  die  Prävention,  Intervention, Hilfe  und  Aufarbeitung  innerhalb  der  EKvW  verbindlich  geregelt  werden.  In  ihrem  Beschluss Nr. 571# hat die Landessynode 2018 dieses Vorhaben unterstützt und um eine zeitnahe Umsetzung gebeten. 
Auch  die  EKD-Synode  fasste  sowohl  2018  als  auch  2019  weitreichende  Beschlüsse  zum Thema „Verantwortung und Aufarbeitung bei sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche“2#. Im Zuge der Umsetzung entwickelte die EKD eine „Richtlinie zum Schutz vor sexualisierter Gewalt“ nach Artikel 9 Grundordnung der EKD. Mit Hilfe der Richtlinie sollte das Thema in allen Gliedkirchen wirksam platziert und gleichzeitig die Grundlage für eine gemeinsame Rechtsentwicklung/-fortbildung in den Gliedkirchen (und möglichst auch in der Diakonie) geschaffen werden. Zudem sollen Betroffene sich innerhalb der EKD besser über die eigenen Rechte,  aber  auch die Pflichten  der  verantwortlichen  Institutionen orientieren können. Die Richtlinie entfaltet nicht die Verbindlichkeit eines Gesetzes, schafft jedoch einen Rahmen hinsichtlich sprachlicher Definitionen, Verfahrensweisen und Strukturen.
In kooperativer Zusammenarbeit zwischen der Ev. Kirche im Rheinland (EKiR), der Lippischen Landeskirche (LLK) und der EKvW sowie unter Beteiligung des gemeinsamen Diakonischen  Werkes  Rheinland-Westfalen-Lippe  e.  V. – Diakonie  RWL  entstanden  drei  fast wortgleiche Gesetzentwürfe zum Schutz vor sexualisierter Gewalt. Die inhaltliche Nähe der Entwürfe  soll  der  Diakonie  RWL  die  rechtliche  Übernahme  der  Kirchengesetze  und  eine möglichst einheitliche Umsetzung in den Einrichtungen ihres Verbandsgebietes ermöglichen. Die Anlehnung des Gesetzentwurfes an die EKD-Richtlinie ist eng. Fachlich-inhaltliche wie auch sprachliche Abweichungen von der Richtlinie sind mit den o.g. Kooperationspartnern abgestimmt. Die Landessynode der EKiR hat das dortige Gesetz bereits auf ihrer Landessynode im Januar 2020 beschlossen; der Landessynode der LLK wird das Gesetz auf der diesjährigen Herbstsynode zum Beschluss vorliegen. 
#Gesetzgebungsverfahren
Auszug aus der Vorlage:
Für  die  EKvW  hat  die  Kirchenleitung  Anfang  des  Jahres  2020  in  einem  breit  angelegten Stellungnahmeverfahren Rückmeldungen zu dem Gesetzesentwurf erbeten, da das Kirchengesetz mit seinen verbindlichen Präventions- und Interventionsmaßnahmen praktische Auswirkungen für alle kirchlichen Ebenen und alle kirchlichen Arbeitsfelder haben wird. Angefragt  waren  insbesondere  die  Kirchenkreise  unter  Einbeziehung  der  gemeindlichen  Ebene, die Ämter, Werke und Einrichtungen der EKvW, die landeskirchlichen Ausschüsse, der Ev. Pfarrverein in Westfalen, der Verband kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rheinland-Westfalen-Lippe  (vkm-rwl),  der  Gesamtausschuss  der  Mitarbeitervertretungen  der EKvW/LLK (Gesa EKvW/LLK) sowie wegen der angestrebten Übernahme für ihre Mitglieder die Diakonie RWL. 
Für die Monate März und April 2020 waren zur dialogischen Einführung in den Gesetzesentwurf und zum offenen Austausch über die Inhalte seitens des Landeskirchenamtes vier Regional-veranstaltungen in Bielefeld, Dortmund, Meinerzhagen und Münster geplant. Im Zuge der Corona-Pandemie mussten diese Regionalveranstaltungen leider abgesagt werden.
Für die Monate März und April 2020 waren zur dialogischen Einführung in den Gesetzesentwurf und zum offenen Austausch über die Inhalte seitens des Landeskirchenamtes vier Regional-veranstaltungen in Bielefeld, Dortmund, Meinerzhagen und Münster geplant. Im Zuge der Corona-Pandemie mussten diese Regionalveranstaltungen leider abgesagt werden.
Bis zum 12.08.2020 (Ende der Sommerferien) gingen insgesamt 28 angefragte Stellungnahmen ein, davon 23 aus Kirchenkreisen (vgl. Anlage 3 der Vorlage). Coronabedingt beruhen die Stellungnahmen  der  Kirchenkreise  überwiegend  auf  Beschlüssen  der  Kreissynodalvorstände,  statt wie üblich auf Beschlüssen der Kreissynoden. Am Umfang und Inhalt vieler Stellungnahmen lässt  sich  jedoch  erkennen,  dass  innerhalb  der  Kirchenkreise dankenswerterweise  trotz  der Pandemiesituation  eine  ernsthafte  Auseinandersetzung  mit  dem  Gesetzesentwurf  erfolgte. Ein  Kirchenkreis  hat  mitgeteilt,  dass  man  sich  aufgrund  der  Umstände  infolge  Pandemie nicht in der Lage sähe, eine Stellungnahme zu erarbeiten. 
Um die Anmerkungen aus den Stellungnahmen angemessen wahrnehmen und einordnen zu können und ggf. den Gesetzesentwurf zu überarbeiten, wurden nach dem 12.08.2020 eingehende Stellungnahmen nicht mehr in der Vorlage für die Landessynode der EKvW berücksichtigt. Sollten Kreissynoden noch nach diesem Termin Beschlüsse mit neuen inhaltlichen Aspekten übersenden, können diese Anmerkungen noch in den Tagungsgesetzesausschuss der Landessynode eingebracht und nach dortigem Ermessen mitbedacht werden.
Um die Anmerkungen aus den Stellungnahmen angemessen wahrnehmen und einordnen zu können und ggf. den Gesetzesentwurf zu überarbeiten, wurden nach dem 12.08.2020 eingehende Stellungnahmen nicht mehr in der Vorlage für die Landessynode der EKvW berücksichtigt. Sollten Kreissynoden noch nach diesem Termin Beschlüsse mit neuen inhaltlichen Aspekten übersenden, können diese Anmerkungen noch in den Tagungsgesetzesausschuss der Landessynode eingebracht und nach dortigem Ermessen mitbedacht werden.
Ausnahmslos begrüßen alle Stellungnahmen die Gesetzesinitiative und im Wesentlichen gilt dies auch für den vorliegenden Gesetzesentwurf. Mit der grundsätzlichen Zustimmung übermittelten viele Stellungnahmen mit Blick auf einzelne  Punkte  aber  auch  Anpassungsvorschläge,  Verständnisfragen  sowie  kritische  Anmerkungen. Soweit sich mit einem Aspekt des Gesetzes mehrere Stellungnahmen beschäftigen oder  zentrale  Punkte  des  Gesetzes  berührt  werden,  wird  unter IV.  Erörterung  zentraler Punkte aus dem Stellungnahmeverfahren der Vorlage für die Landessynode ausführlich auf diese eingegangen. Im Übrigen findet sich unter Anlage 3 der Vorlage eine Synopse, in der alle Anmerkungen aus den Stellungnahmen dem jeweiligen Paragrafen des Kirchengesetzes zugeordnet und soweit dies angezeigt erscheint kurz  kommentiert  werden.
Nach Beratung im Ständigen Kirchenordnungsausschuss, im Finanzausschuss und im Landeskirchenamt  hat  die  Kirchenleitung  in  ihrer  Sitzung  am  23./24.  September 2020 beschlossen, den aufgrund der Stellungnahmen überarbeiteten Entwurf des Kirchengesetzes zum Schutz vor sexualisierter Gewalt der Landessynode 2020 zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen und die Zustimmung zu empfehlen. 
Die Landessynode hatte in ihrer Sitzung am 18. November 2020 das Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt mit einer Gegenstimme bei drei/vier Enthaltungen beschlossen.
#Inhalt des Gesetzes
Auszug aus der Vorlage:
Aus  dem  christlichen  Menschenbild  erwachsen  die  Verantwortung  und  der  Auftrag,  Menschen im Wirkungskreis der evangelischen Kirche vor sexualisierter Gewalt zu schützen und ihre Würde zu bewahren (Präambel, S. 1). Mit dem Kirchengesetz will die EKvW deshalb klare Standards zum Schutz vor und im Umgang mit sexualisierter Gewalt setzen. Zur Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung werden für alle kirchlichen Körperschaften verbindliche Regelungen getroffen. Beruflich wie ehrenamtlich in der Kirche Tätige werden flächendeckend und verbindlich mit dem Thema befasst.  Mit  dem  sich  verbreiternden  Wissen  um  Risiken  in  der  eigenen  Einrichtung,  Täterstrategien,  die  Bedürfnisse  bzw.  die  Not  von  Betroffen  sollen  eine  innere  Haltung  und Aufmerksamkeit entstehen, die wenig Raum für unangemessenes sexuelles Verhalten lassen bzw. aus welchen heraus konsequent auf solches Verhalten reagiert wird. Die zunehmende Professionalität  der  Menschen  im  Umgang  mit  sexualisierter  Gewalt  auf  allen  Ebenen  der Ev. Kirche von Westfalen soll künftig potentielle Täter und Täterinnen abschrecken.
#Allgemeines zum Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt
Auszug aus der Begründung:
1. Gemeinsame Regelung im Bereich der EKD
Die  EKD  hat  bei  dem Thema „Sexualisierte  Gewalt“ Koordinierungsaufgaben  für  die  Gemeinschaft  der  Gliedkirchen übernommen.  Sie  ist  dabei  an  einer  nachhaltigen  Umsetzung der Empfehlungen des Runden Tisches Sexueller Kindesmissbrauch interessiert, um den notwendigen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt im Bereich evangelischer Einrichtungen und des gemeindlichen Lebens sowie in diakonischen Einrichtungen zu  gewährleisten.  Die  Aufgaben  der  Prävention,  Intervention  und  Hilfe  obliegen  den Gliedkirchen und den diakonischen Einrichtungen. Diese haben bereits wirkungsvolle Präventionsmaßnahmen und Verfahrensweisen zum Umgang mit sexualisierter Gewalt implementiert.
2. Sexualisierte Gewalt muss verhindert werden 
Sexualisierte Gewalt ist keine Erscheinung unserer Zeit, sondern seit Jahrhunderten Lebensrealität einer großen Zahl von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden, sowie Erwachsenen mit Handicaps, Menschen, die der Pflege bedürfen oder Menschen, die unter besonderen Bedingungen in Heimen oder Anstalten leben. Übertretungen in Bezug auf sexualisierte Gewalt wurden gegenüber Minderjährigen oder Volljährigen in einem Abhängigkeitsverhältnis weltweit festgestellt. Die Evangelische Kirche in Deutschland, die in ihr zusammengeschlossenen Gliedkirchen, die Diakonie Deutschland mit ihren angegliederten Einrichtungen wenden ihre Kraft dafür auf, Minderjährige oder Volljährige in einem Abhängigkeitsverhältnis vor sexualisierter Gewalt zu schützen.
Dieses Anliegen ist bedeutsam, da sexualisierte Gewalt fast immer in einer für Minderjährige oder  Volljährige  bedeutsamen  oder  auch  lebenswichtigen  Beziehung  stattfindet.  Sexualisierte Gewalt ist immer auch Missbrauch der Bindungs- und Vertrauensfähigkeit, Missbrauch von ungleichen Machtverhältnissen und ungleichen Entwicklungsständen, aufgrund derer es einverständliche oder partnerschaftliche Kontakte mit Minderjährigen oder Volljährigen in einem Abhängigkeitsverhältnis nicht geben kann. 
Vor allem Minderjährige können durch sexualisierte Gewalt in ihrer gesamten psychischen und psychosexuellen Entwicklung gestört und nachhaltig geschädigt werden. Forschungsergebnisse der letzten drei Jahrzehnte belegen, dass bei schweren psychischen Erkrankungen sexueller Missbrauch im Entstehungsgefüge häufig eine zentrale Rolle spielt. Aber auch, wenn es nicht zur Ausbildung solcher Störungen kommt, sehen sich Betroffene nicht selten in ihrer Selbstachtung und Selbstliebe behindert, im Erleben einer lustvollen Sexualität und befriedigenden Partnerschaft und in ihrem körperlichen und seelischen Wohlbefinden. Zu betonen ist, dass sexualisierte Gewalt sowohl von Männern als auch von Frauen ausgeübt wird, wenn auch nach bisherigen Erkenntnissen in unterschiedlichem Umfang und teils unterschiedlicher Art. Der vorliegende Gesetzesentwurf wie auch diese Begründung sprechen daher wo immer dies sprachlich möglich ist von Täter und Täterinnen.
Vor allem Minderjährige können durch sexualisierte Gewalt in ihrer gesamten psychischen und psychosexuellen Entwicklung gestört und nachhaltig geschädigt werden. Forschungsergebnisse der letzten drei Jahrzehnte belegen, dass bei schweren psychischen Erkrankungen sexueller Missbrauch im Entstehungsgefüge häufig eine zentrale Rolle spielt. Aber auch, wenn es nicht zur Ausbildung solcher Störungen kommt, sehen sich Betroffene nicht selten in ihrer Selbstachtung und Selbstliebe behindert, im Erleben einer lustvollen Sexualität und befriedigenden Partnerschaft und in ihrem körperlichen und seelischen Wohlbefinden. Zu betonen ist, dass sexualisierte Gewalt sowohl von Männern als auch von Frauen ausgeübt wird, wenn auch nach bisherigen Erkenntnissen in unterschiedlichem Umfang und teils unterschiedlicher Art. Der vorliegende Gesetzesentwurf wie auch diese Begründung sprechen daher wo immer dies sprachlich möglich ist von Täter und Täterinnen.
3. Begriff der „sexualisierten Gewalt“
Der Begriff „sexualisierte Gewalt“ wird als Ergebnis einer kritischen Auseinandersetzung mit  dem  Missbrauchsbegriff  vor  allem  im  Kontakt  mit  Betroffenen  und  in  der  Öffentlichkeitsarbeit verwendet. Der Begriff „sexualisiert“ benennt deutlicher als andere Wendungen die  Instrumentalisierung von  Sexualität  als  Macht- und  Gewaltausübung.  Außer  im  strafrechtlichen Kontext wird der Begriff „Missbrauch“ vermieden, da dieser den positiven „Gebrauch“ von Kindern und Jugendlichen suggerieren könnte. Dies ist strikt abzulehnen, was sich heutzutage im Rückblick auf reformpädagogische Überzeugungen zur kindlichen Sexualität aufdrängt. 
Die Begriffe „sexualisierte Gewalt“ und „sexuelle Selbstbestimmung“ bezeichnen das gleiche Problemfeld, räumen aber der Problematik von Machtstrukturen einen unterschiedlichen Stellenwert ein. Beide Begriffe fußen auf Artikel 2 Grundgesetz, der jedem Menschen das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit einräumt, das heißt auch auf die Gestaltung seiner eigenen Sexualität. Grenzen sind da, wo schützenswerte Belange anderer betroffen sind und strafrechtliche Vorschriften gelten, z. B. Schutz vor Missbrauch und weitere Vorschriften des Strafgesetzbuches (StGB).
Allein aus Sicht des Strafrechts weist der Titel des Gesetzes und damit auch der zentrale Begriff der „sexualisierten Gewalt“ auf eine enge Begrifflichkeit hin. Mit Gewalt sind im Sexualstrafrecht – wie etwa bei der Vergewaltigung in § 177 Absatz 5 StGB – nur die Anwendung von körperlicher Gewalt gegenüber dem Opfer und die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gemeint. Das Gesetz versteht den Begriff der sexualisierten Gewalt dagegen denkbar weit und weicht damit vom Strafrecht ab.
Die Begriffe „sexualisierte Gewalt“ und „sexuelle Selbstbestimmung“ bezeichnen das gleiche Problemfeld, räumen aber der Problematik von Machtstrukturen einen unterschiedlichen Stellenwert ein. Beide Begriffe fußen auf Artikel 2 Grundgesetz, der jedem Menschen das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit einräumt, das heißt auch auf die Gestaltung seiner eigenen Sexualität. Grenzen sind da, wo schützenswerte Belange anderer betroffen sind und strafrechtliche Vorschriften gelten, z. B. Schutz vor Missbrauch und weitere Vorschriften des Strafgesetzbuches (StGB).
Allein aus Sicht des Strafrechts weist der Titel des Gesetzes und damit auch der zentrale Begriff der „sexualisierten Gewalt“ auf eine enge Begrifflichkeit hin. Mit Gewalt sind im Sexualstrafrecht – wie etwa bei der Vergewaltigung in § 177 Absatz 5 StGB – nur die Anwendung von körperlicher Gewalt gegenüber dem Opfer und die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gemeint. Das Gesetz versteht den Begriff der sexualisierten Gewalt dagegen denkbar weit und weicht damit vom Strafrecht ab.
In der Sache wird mit dem Begriff „sexualisierte Gewalt“ die sexuelle Belästigung im Sinne des § 3 Absatz 4 Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erfasst, während selbst die sexuelle Belästigung in Sinne des § 184i StGB deutlich enger ist („eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt“). Angesichts der unterschiedlichen Verwendung des Begriffs der sexuellen Belästigung im AGG und im StGB ist es gut vertretbar, als Oberbegriff im kirchlichen Kontext eine abweichende Formulierung zu verwenden, wenngleich das Gesetz als rechtliche Regelung einen Bezug zu den beiden anderen Themengebieten hat. Während in der EKvW allerdings die Wendung „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ etabliert ist, hat sich auf Ebene der EKD der Begriff der sexualisierten Gewalt durchgesetzt, der nun mit Aufnahme in die Richtlinie der EKD auch eine rechtliche Festigung erfahren hat. Außer in der EKvW werden lediglich in der Ev. Kirche im Rheinland (EKiR)und in der Lippischen Landeskirche (LLK) die von der EKD mit „sexualisierter Gewalt“ definierten Sachverhalte (vgl. dazu § 2) ebenfalls unter „Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung“subsumiert. Gegen die Fortführung einer von der EKD abweichenden Begrifflichkeit auf Rechtssetzungsebene spricht das allen Gliedkirchen grundsätzlich gemeinsame Ziel der (auch nach außen erkennbaren) einheitlichen Praxis. Des Weiteren würde  es  die  gemeinsame  Rechtspflege  und  Rechtsfortentwicklung  erschweren.  Dies  gilt umso mehr, als die EKiR und LLK in ihren Gesetzgebungsprozessen ebenfalls signalisiert haben, in dieser Frage nicht von der EKD abweichen zu wollen. Da inhaltlich keine Abweichung zwischen dem erkennbar ist, was in der EKD und in der EKvW unter den verschiedenen Begrifflichkeiten verstanden wird, soll mit diesem Gesetz auch der Begriff der „sexualisierten Gewalt“ eingeführt werden.
#Erläuterungen zu den einzelnen Paragrafen
Zu dem Kirchengesetz mit seiner Präambel und 13 Paragrafen existieren umfangreiche Erläuterungen. Sie finden diese in der Vorlage der Landessynode (ab Seite 27) oder als Erläuterung [unter der „Schaltfläche Erläuterungen“] am Ende der Präambel oder des jeweiligen Paragrafen beim Aufruf des Kirchengesetzes im „Geltendes Recht“.
##
1 ↑ Beschluss Nr. 57 der Landessynode der EKvW vom 21. November 2018: 1. Die Synode begrüßt den Beschluss der EKD vom 14. November 2018 zu Verantwortung und Aufarbeitung bei sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche. 2. Die Synode unterstützt die Erarbeitung eines Kirchengesetzes für die Evangelische Kirche von Westfalen zur Prävention und Intervention bzgl. sexualisierter Gewalt, wie es im schriftlichen Bericht der Präses angekündigt ist und bittet um eine zeitnahe Umsetzung. 3. Kirchenkreise und Kirchengemeinden werden auch in ökumenischen Begegnungen mit Fragen von sexualisierter Gewalt konfrontiert. Dazu hat die VEM einen Verhaltenskodex entwickelt, um für diese Problematik zu sensibilisieren. Die Landessynode empfiehlt Kirchenkreisen und Gemeinden, die Expertise der VEM in diesem Bereich in Anspruch zu nehmen
1 ↑ Beschluss Nr. 57 der Landessynode der EKvW vom 21. November 2018: 1. Die Synode begrüßt den Beschluss der EKD vom 14. November 2018 zu Verantwortung und Aufarbeitung bei sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche. 2. Die Synode unterstützt die Erarbeitung eines Kirchengesetzes für die Evangelische Kirche von Westfalen zur Prävention und Intervention bzgl. sexualisierter Gewalt, wie es im schriftlichen Bericht der Präses angekündigt ist und bittet um eine zeitnahe Umsetzung. 3. Kirchenkreise und Kirchengemeinden werden auch in ökumenischen Begegnungen mit Fragen von sexualisierter Gewalt konfrontiert. Dazu hat die VEM einen Verhaltenskodex entwickelt, um für diese Problematik zu sensibilisieren. Die Landessynode empfiehlt Kirchenkreisen und Gemeinden, die Expertise der VEM in diesem Bereich in Anspruch zu nehmen
#
2 ↑ Siehe die Webseite https://www.ekd.de/missbrauch-23975.htm
        2 ↑ Siehe die Webseite https://www.ekd.de/missbrauch-23975.htm