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Rundschreiben Nr. 4/2024 des Landeskirchenamtes betreffend Voraussetzungen, Folgen und Verfahren der vorläufigen Haushaltsführung nach
§ 27 Finanzwesenverordnung – FiVO1#

Vom 5. Februar 2024 (Az.: 900.15)

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Ziel der nachfolgenden Hinweise ist es, den Kirchengemeinden und Kirchenkreisen einen einheitlichen Maßstab für die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln in der Zeit der vorläufigen Haushaltsführung gemäß § 27 FiVO2# zu geben.
Vorweg zur Orientierung: Der Haushalt wird in der entspr. Fachabteilung des Kreiskirchenamtes erarbeitet und dann als Gesamtpaket dem Leitungsorgan (Presbyterium, Kreissynodalvorstand, Verbandsvorstand, Kollegium) vorgelegt. Typischerweise gehört zur Erarbeitung auch eine Sichtung und Bestätigung durch einen Finanzausschuss. Das Leitungsorgan stellt den Haushalt dann per Beschluss fest (§ 14 III FiVO3#). Sofern eine Aufsicht besteht (nicht der Fall bei Landeskirche), bedarf der beschlossene (festgestellte) Haushalt der Genehmigung (§ 15 FiVO 4#). Das Verfahren der Haushaltsaufstellung findet sich im § 145# „Verfahren zur Haushaltsaufstellung“. Dort wird insbesondere der Verwaltungsstelle aufgegeben einen konkreten Prozess unter Beachtung der Hauptakteure „Aufstellung, Feststellung und Genehmigung des Haushalts“ zu erstellen und dokumentieren.
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Rechtsgrundlage

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§ 27 FiVO Vorläufige Haushaltsführung
( 1 ) Sollte der Haushalt ausnahmsweise nicht rechtzeitig beschlossen oder genehmigt sein, so sind
  1. nur die Haushaltsmittel verfügbar, die nötig sind, um
    a.
    die bestehenden Einrichtungen in geordnetem Gang zu halten und den gesetzlichen Aufgaben sowie rechtlichen Verpflichtungen zu genügen und
    b.
    Baumaßnahmen, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen, für die durch den Haushalt des Vorjahres bereits Beträge festgesetzt worden sind,
  2. die Erträge zu erheben, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist,
  3. Aufnahmen von Krediten zur Aufrechterhaltung der Liquidität nur im Rahmen des Vorjahreshaushalts zulässig,
  4. Aufnahmen sonstiger Kredite zur Finanzierung von Investitionen zulässig, soweit sie schon in einem Haushaltsjahr beschlossen wurden,
  5. Aufnahmen von Krediten zu Umschuldungszwecken zulässig.
( 2 ) Aufwendungen und Auszahlungen, die über die in Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a genannten Aufgaben und Verpflichtungen hinausgehen, können nach Genehmigung des Aufsichtsorgans veranlasst werden.
Sollte ein Haushalt nicht rechtzeitig festgestellt und genehmigt worden sein, befindet sich die jeweilige Körperschaft sowie deren Einrichtungen bis zum Zeitpunkt der beschlussmäßigen Feststellung und der Genehmigung des Haushaltes automatisch im Verfahren der vorläufigen Haushaltsführung. Auf die Gründe kommt es nicht an.
Die Grundsätze der vorläufigen Haushaltsführung sind auch bei einem längeren Zeitraum ohne gültigen Haushalt verbindlich. Es ist von der Verwaltung ein Haushaltsentwurf aufzustellen, welcher im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung zur buchungstechnischen Grundlage wird. Das Leitungsorgan ist in seiner Entscheidungsfreiheit an die Vorgaben der vorläufigen Haushaltsführung gebunden. Deshalb dürfen nur die Haushaltsmittel eingesetzt werden, die bei sparsamer Verwaltung nötig sind, um die bestehenden Einrichtungen in geordnetem Gang zu halten. Eine jeweilige Beschlussfassung ist nicht erforderlich. Zugleich dürfen die Anordnungsberechtigten nur Zahlungsanordnungen im Rahmen der Ansätze erteilen. Die gesamte Haushalts- und Finanzwirtschaft, wieder geordnete Finanzverhältnisse herzu-stellen, entweder durch die Aufstellung und Genehmigung eines Haushalts oder durch die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes. In der vorläufigen Haushaltsführung gelten alle Haushaltsgrundsätze der Finanzwesenverordnung unverändert.
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Wirkungen der vorläufigen Haushaltsführung

Die Zeit, bis zur Inkraftsetzung eines ausgeglichenen und genehmigten Haushalts, ist als Übergangszeit zu verstehen, in der die Haushaltswirtschaft reglementiert wird. Die vorläufige Haushaltsführung ist nicht als generelle Ausgabensperre zu verstehen, vielmehr soll sie die Erhaltung notwendiger Funktionen sichern. Für die Aufnahme von Krediten zur Aufrechterhaltung der Liquidität gelten die Regeln des § 27 Absatz 1 Nr. 3 FiVO6#.
Die Frage, welche Ausgaben in dieser Zeit getätigt werden dürfen, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Die Haushaltsgrundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 4 Abs 1 FiVO7#) sind besonders zu berücksichtigen, zumal diese Vorgaben bereits für den planmäßigen Haushaltsablauf gelten.
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Begriff der gesetzlichen Aufgaben und der rechtlichen Verpflichtungen gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 FiVO

Was unter gesetzlichen Aufgaben einer kirchlichen Körperschaft zu verstehen ist, ergibt sich aus kirchengesetzlichen Regelungen. Der Bereich der rechtlichen Verpflichtungen bezieht sich, neben gesetzlich begründeten Verpflichtungen (z. B. Zahlung von Grundsteuern), auch auf vertraglich begründete Leistungspflichten, z. B. aus Kaufvertrag, Personalkosten und Mietverträge. Bei den Auszahlungen, die auf rechtlichen Verpflichtungen beruhen, ist daher zu unterscheiden, ob diese noch im vorhergehenden Haushaltsjahr eingegangen sind oder im Zeitraum der vorläufigen Haushaltsführung begründet werden.
Wenn ein Haushalt nicht rechtswirksam erlassen worden ist, führt dies nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 FiVO8# dazu, dass für neue Rechtsverpflichtungen grundsätzlich kein Raum ist und diese folglich nicht übernommen werden dürfen. Das gilt sowohl für die vertraglichen Verpflichtungen (z. B. Anschaffung neuer Gemeindebüromöbel), als auch für die gesetzlichen Verpflichtungen. Generell muss für Kirchengemeinden und Kirchenkreise, die sich in vorläufiger Haushaltsführung befinden, ein zurück-haltender personalwirtschaftlicher Kurs vorausgesetzt werden.
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Freiwillige Leistungen

Neue Auszahlungen freiwilliger Leistungen (z. B. Zuschüsse an Dritte) kommen nicht in Betracht, unterliegen also einer Auszahlungssperre. Der bisherige Umfang freiwilliger Leistungen, ist schrittweise zu reduzieren. Ein möglicher Vertrauensschutz auf die Fortzahlung der Leistung endet in der Regel zum 01. Januar des folgenden Kalenderjahres, da zu diesem Zeitpunkt alle Empfänger freiwilliger Leistungen mit einer veränderten Bewilligungspraxis rechnen müssen. Für die Übernahme neuer freiwilliger Risiken (z. B. Bürgschaftsübernahmen) ist kein Raum. Die Übernahme neuer freiwilliger Aufgaben, die mit finanziellem Aufwand verbunden sind und für die weder eine rechtliche Verpflichtung noch eine unaufschiebbare sachliche Notwendigkeit besteht, stellt eine Überschreitung des Rahmens der vor-läufigen Haushaltsführung dar.
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Investitionsmaßnahmen

Investitionsausgaben beruhen regelmäßig auf rechtlichen Verpflichtungen, z. B. Werkvertrag, die jedoch auf eine freiwillige Entscheidung zurückzuführen sind. Es kann unangemessen sein, jede Investitionsmaßnahme mit einer Auszahlungssperre zu belegen, da die Erhaltung der Einrichtung oder der Schutz kirchlichen Vermögens im Vordergrund stehen kann. Beispielsweise kann eine Dachstuhlreparatur zwingend notwendig sein, der Fassadenanstrich verzichtbar oder verschiebbar. Im Rahmen der Finanzplanung wird die Aufstellung einer Prioritätenliste empfohlen. Bei Investitionen im Zeitraum der vorläufigen Haushaltsführung ist vorab zu unter-scheiden, ob es sich um eine geplante oder bereits im Vollzug befindliche Maßnahme handelt.
Im Einzelnen ist folgendermaßen zu differenzieren:
Soweit bereits laufende Maßnahmen in den Zeitraum der vorläufigen Haushaltsführung hineinreichen, kann das Vorhaben bei Sicherstellung der Finanzierung auch zu Ende geführt werden, da Unterbrechungen Kostensteigerungen verursachen könnten, die ihrerseits einer wirtschaftlichen Haushaltsführung widersprechen würden. Es sollte allerdings geprüft werden, ob Investitionsmaßnahmen reduziert werden können.
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Aufsichtliche Maßnahmen während der vorläufigen Haushaltsführung

In der Richtlinie „Haushaltsführung und Buchungsanordnungen“ zu § 26 Abs. 4 FiVO9# wird insbesondere auf die Bestätigungsinhalte der Feststellungsvermerke und der Anordnung hingewiesen. Auf die gesonderte Verantwortung im Bereich der Aufsicht über die Finanzbuchführung der Verwaltungsleiterin bzw. des Verwaltungsleiters wird hingewiesen (§ 35 Abs. 2 WirtVO10#). Der Rechnungsprüfungsausschuss überwacht gemeinsam mit der Rechnungsprüferin bzw. dem Rechnungsprüfer die Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung (§ 2 Abs. 2 RPG11#).
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Ende der vorläufigen Haushaltsführung

Es bestehen zwei Möglichkeiten, die vorläufige Haushaltsführung zu beenden: Entweder wird durch Haushaltsbeschluss und Genehmigung ein Haushalt in Kraft gesetzt oder es wird ein Haushaltssicherungskonzept beschlossen, welches von dem Aufsichtsorgan zu genehmigen ist. (Richtlinie zu § 4, 14 und 15 FiVO: Wirtschaftliche Grundsätze, Gefährdung des Haushalts, Genehmigungsvorbehalt bei Haushalten und Haushaltssicherungskonzepten Nr. V).
Sollte das Haushaltsicherungskonzept scheitern, befindet sich die Kirchengemeinde mangels Haushalts erneut im Zustand der vorläufigen Haushaltsführung.
Mit diesem Rundschreiben wird das Rundschreiben Nr. 6/2006 vom 25.04.200612# ersetzt.

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1 ↑ Redaktioneller Hinweis: Das sich auf die aktualisierten Normen abstellende Rundschreiben zur vorläufigen Haushaltsführung vom am 5. Februar 2024 ist als pdf-Version über das FIS-Kirchenrecht unter der Rubrik „Erläuterungen, Unterlagen“ > „Rundschreiben“ abrufbar.
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2 ↑ Nr. 803.
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3 ↑ Nr. 803.
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4 ↑ Nr. 803.
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5 ↑ Nr. 803.
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6 ↑ Nr. 803.
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7 ↑ Nr. 803.
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8 ↑ Nr. 803.
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9 ↑ Nr. 803.
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10 ↑ Nr. 801.
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11 ↑ Nr. 825.
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12 ↑ Nr. 805.1 Archiv.