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Kirchengericht:Schlichtungsstelle nach dem MVG der Evangelischen Kirche von Westfalen (2. Kammer)
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig - Beschwerde vom KGH zurückgewiesen, Az.: II-0124/P82-08)
Datum:28.10.2008
Aktenzeichen:2 M 101/08
Rechtsgrundlage:§ 1 Abs. 5, Anlage 14 AVR-DW EKD; § 35 Abs. 3 MVG
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Jahressonderzahlung, Kontrollrecht, Mitarbeitervertretung
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Leitsatz:

Die Kontrollaufgabe der Mitarbeitervertretung nach § 35 Abs. 3 Buchstabe b MVG.EKD rechtfertigt es nicht, dass die Mitarbeitervertretung initiativ wird und zugunsten betroffener Mitarbeiter/innen die Beeinträchtigung oder Verletzung von individualrechtlichen Ansprüchen tariflicher oder vertraglicher Art förmlich vor der Schlichtungsstelle geltend macht. Das Kontrollrecht der Mitarbeitervertretung beschränkt sich auf die Beanstandung gegenüber der Dienststellenleitung und ein Drängen auf Abhilfe.

Tenor:

Der Schlichtungsantrag wird zurückgewiesen.
Außerdem geht folgender Beschluss des Vorsitzenden:
Die Dienststellenleitung wird im Hinblick auf die Schwierigkeit der Sache und den Umstand, dass die Dienststellenleitung volljuristisch vertreten ist, verpflichtet, die Kosten für den Rechtsbeistand der Gesamt-Mitarbeitervertretung zu tragen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Kürzung der zweiten Hälfte der Jahressonderzahlung 2007.
Im Rahmen der Sitzung vom 26.05.2008 des bei der Dienststelle gebildeten Wirtschaftsausschusses teilte die Dienststellenleitung mit, dass sie beabsichtige, die zweite Hälfte der Jahressonderzahlung 2007 gemäß der Anlage 14 zu den AVR-DW EKD zu kürzen. Das Testat eines Wirtschaftsprüfers erhielt die Gesamtmitarbeitervertretung am 03.06.2008. Das sich aus dem Testat ergebende Zahlenwerk wurde im Rahme einer Sondersitzung der Gesamtmitarbeitervertretung unter Beteiligung der Dienststellenleitung besprochen. Mit ihrem Schreiben vom 10.06.2008 machte die Gesamtmitarbeitervertretung gegenüber die Dienststellenleitung geltend, dass diese gem. § 1 Abs. 5 AVR-DW EKD nicht berechtigt sei, die Öffnungsklausel in der Anlage 14 AVR überhaupt anzuwenden. Die Dienststellenleitung beharrte jedoch auf der Kürzungsmöglichkeit und informierte mit Schreiben vom 04.07.2008 sämtliche Mitarbeitende im xxxxxxx, dass nach der Feststellung eines negativen betrieblichen Ergebnisses eine Kürzung der gesamten Jahressonderzahlung erforderlich sei. Statt der an sich möglichen Kürzung um 12,99 % werde jedoch die zweite Hälfe der Jahressonderzahlung im Juni 2008 nur um 8 % gekürzt. Die Gesamt-Mitarbeitervertretung leitete daraufhin am 28.07.2008 das vorliegende Schlichtungsverfahren ein. Sie meint, dass § 1 Abs. 5 MVR DW EKD einer Kürzungsmöglichkeit entgegenstehe. Denn mit dem xxxxxxxxx sei die hundertprozentige Tochter xxxxxxx GmbH verbunden, welche weder die AVR noch eine gleichwertige Arbeitsvertragsgrundlage anwende. Außerdem beschäftige die Dienststelle Leiharbeitnehmer/nehmerinnen in der Regel nicht zur kurzfristigen Überbrückung von Personalengpässen sondern allein mit dem Ziel der Personalkosteneinsparung. Genau hierfür sei die xxxxx GmbH gegründet worden, über welche ein Großteil der sich ergebenden Stellenbesetzungsmöglichkeiten gesteuert werde. Da es zu den Aufgaben der Mitarbeitervertretung nach § 35 Abs. 3 Buchstabe b MVG.EKD gehöre, dafür einzutreten, dass die einschlägigen arbeits-, sozial- und dienstrechtlichen Bestimmungen eingehalten würden, müsse es hier im Rahmen dieses Schlichtungsverfahrens möglich sein, die Rechtwidrigkeit der von der Dienststellenleitung vorgenommenen Kürzung geltend zu machen.
Die Gesamt-Mitarbeitervertretung beantragt,
festzustellen, dass die Dienststellenleitung nicht berechtigt ist die Jahressonderzahlung 2007 unter Berufung auf Anlage 14 AVR-DW EKD zu kürzen.
Die Dienststellenleitung beantragt,
den Schlichtungsantrag zurückzuweisen.
Sie steht auf dem Standpunkt, dass das eingeleitete Schlichtungsverfahren unzulässig ist, weil es hier nicht um ein kollektivrechtliches Rechtsverhältnis zwischen Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung gehe sondern darum, dass die Gesamt-Mitarbeitervertretung anstelle der betroffenen Mitarbeitenden auftrete, um deren individualrechtlichen Ansprüche zu erhalten. Solche Ansprüche müssten aber von den Mitarbeitenden selbst verfolgt werden, da es nicht Aufgabe der Mitarbeitervertretung sei, stellvertretend für die Mitarbeiterschaft individualrechtliche Ansprüche durchzusetzen. Vielmehr sei die Mitarbeitervertretung bei ihrer Überwachungsaufgabe nach § 35 Abs. 3 Buchstabe b MVG darauf beschränkt, eine angeblich rechtswidrige Handhabung von Bestimmungen zu beanstanden und auf Abhilfe zu drängen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
II.
  1. Das eingeleitete Schlichtungsverfahren ist gem. § 60 Abs. 1 MVG.EKD grundsätzlich statthaft.
    Die hier einschlägige Zweimonatsfrist des § 61 Abs. 1 MVG ist auch eingehalten worden. Der Schlichtungsantrag ist aber unbegründet.
  2. Die Gesamt-Mitarbeitervertretung beruft sich hier auf ihre Kontrollaufgabe nach § 35 Abs. 3 Buchstabe b MVG.EKD. Nach dieser Vorschrift soll die Mitarbeitervertretung dafür „eintreten“ dass die für die Dienststelle geltenden arbeits-, sozial- und dienstrechtlichen Bestimmungen, Vereinbarungen und Anordnungen eingehalten werden. Dieser Überwachungsauftrag ermöglicht aber der Mitarbeitervertretung nicht, selbst initiativ zu werden und zugunsten betroffener Mitarbeiter/innen etwaige Beeinträchtigung oder Verletzungen von individualrechtlichen Ansprüchen, seien diese tariflicher oder vertraglicher Natur, förmlich vor der Schlichtungsstelle oder einem Gericht geltend zu machen (vgl. Baumann-Czichon/Dembski/Germer/Kopp, Kommentar zum MVG.EKD, 2. Aufl., § 35 RdNr. 5 ff.; Fey-Rehren, Kommentar zum MVG.EKD, § 35 RdNr. 10 ff.; für den Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes, Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10.06.1986, AZ: 1 ABR 59/84 in AP Nr. 26 zu § 80 BetrVG 1972). Vielmehr beschränkt sich das Kontrollrecht der Mitarbeitervertretung auf die Beanstandungsmöglichkeit gegenüber der Dienststellenleitung und ein Drängen auf Abhilfe. Dies muss auch für die vorliegende Fallgestaltung gelten. Zwar lautet der Schlichtungsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kürzung der Jahressonderzahlung. Die erstrebte Feststellung kann aber nur so verstanden werden, dass damit die individuelle Rechtsposition der Mitarbeitenden derart verstärkt wird, dass sie einer Vorverurteilung der Dienststellenleitung gleichkommt. Ein solches formelles justizförmiges Vorgehen ist aber der Mitarbeitervertretung nach dem oben Gesagten versperrt.